Ich will mich nicht gewöhnen …

Der Kaberettist Christoph Sieber hat in der Sendung „3sat Festival 2015“ eine grandiose Vorstellung abgeliefert.  Vieles war mir buschstäblich aus der Seele gesprochen. Ich möchte deshalb einen Ausschnitt aus dem Programm zitieren, der mich besonders berührt hat.

Zitat:

„Ich will mich nicht gewöhnen

Ich will mich nicht gewöhnen,

dass Deutschland Teil einer Kriegsmaschinerie ist.

Ich will mich nicht gewöhnen,

wenn der Spiegel schreibt, dass Deutschland endlich in der Normalität angekommen ist wenn es sich am internationalen Kriegseinsätzen beteiligt.

Die Beteiligung an Kriegen darf nie Normalität werden.

Ich kann es nicht glauben, dass Verteidigungsministerin von der Leyen auf die Frage eines Journalisten, ob denn eine Fußball-WM 2018 in Russland tatsächlich denkbar wäre, antwortet ‚Deutschland wird auf jeden Fall schießendes Personal schicken‘.

Das ist nichts anderes als die Verharmlosung des Krieges.

Ich will mich nicht gewöhnen,

dass in diesem Europa das Recht des Stärkeren gilt, wenn Hunderttausenden der Zugang zu Gesundheit, Bildung und einem würdevollen Leben einfach verwehrt werden.

Ich will mich nicht gewöhnen,

dass die Würde des Menschen antastbar ist, denn die Würde des Menschen steht tagtäglich zu Zehntausenden bei der Tafel an um unsere Reste zu Essen. Die Würde des Menschen krepiert vor Lampedusa und die Würde des Menschen stirbt im Krieg und zwar in jedem Krieg weil der Krieg keine Würde kennt, nicht die der Täter und auch nicht die der Opfer.

Ich will mich nicht an die Barbareien der globalisierten Welt gewöhnen.

Die Ausplünderung armer Länder, die Waffenlieferungen, die Unterstützung brutalster Despoten und Diktatoren. Ich will mich nicht flüchten in den Zynismus derer die rufen ‚da kannst Du nichts machen: ‚Das war schon immer so‘.

Ich möchte mich nicht damit abfinden,

dass es so was wie Alternativlosigkeit gibt, weil es immer Alternativen gibt, weil es das Wesen der Demokratie ist, dass es so was gibt wie Alternativen.

Und ich möchte nicht in einer Welt leben, in der man tatsächlich glaubt, wenn jeder an sich denkt, dann ist an alle gedacht.

Und ich möchte nicht in einer Welt leben, in der Menschen die solche Gedanken haben als Gutmenschen verspottet werden und verächtlich gemacht werden, ausgerechnet von denen, denen der Zynismus jegliche Empathie so zerfressen hat dass sie ihre eigene Herzlosigkeit nur ertragen können indem sie andere verächtlich machen.

Ich möchte nicht,

dass die, die Deutungshoheit über die Moral bekommen, die keine haben.

Es gibt die Unschuld des Nichtswissens nicht mehr. Wir wissen, dass der Wohlstand auf Unrecht aufgebaut ist. Wir wissen, dass wir die Erde zerstören und wir können auch längst nicht mehr ignorieren, dass andere arm sind weil wir reich sind.

Wir werden uns nicht rausreden können mit dem immer Gleichen ‚davon haben wir nichts gewusst‘. Nein, wir werden es gewusst haben und ich frage mich am Ende was wird man über uns sagen in zwanzig, dreißig Jahren.

Wer werden wir gewesen sein?

Die, die zugeschaut haben wie schon so oft? Werden wir die gewesen sein die einfach weitergemacht haben weil es so bequem war? Oder werden wir die gewesen sein, die gerade noch so die Kurve bekommen haben und die Reißleine gezogen haben als es noch nicht zu spät war?

Ich bin mir nicht sicher aber eins weiß ich gewiss: Siri hat darauf keine Antwort.“

Zitat Ende. Dem ist nichts hinzuzufügen

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